Zwischen Kreuzberg und KW
Text-Teil 8 - (vb-bge8.htm)
vb - Verkehrsgeschichtliche Blätter 4/91
 
 

8.7.  Grünau

Grünau, bei der Eröffnung der BGE die erste Station "jenseits von Berlin", behielt für den Vorortverkehr stets eine besondere Bedeutung. Sowohl Dampfvorortzüge - speziell die "Omnibuszüge" - als auch die S-Bahn hatten hier zeitweilig ihren Endpunkt.

Der erste Grünauer Bahnhof lag zu ebener Erde und besaß östlich der BGE einen Seitenbahnsteig. 1888/89 gliederte man diesem Bahnateig ein zweigeschossiges Empfangsgebäude in Backsteinbauart an. Nach Umbau des Seitenbahnsteigs in einen Inselbahnsteig mit Tunnelzugang vom Adlergestell um 1900 erfolgte schon 1906 dessen Beseitigung und die Hochlegung der Bahnanlagen. Im Gegensatz zu Adlershof kamen in Grünau beide neuen Bahnsteige mit je zwei Zugängen in einem Zuge zur Ausführung. Wie in Adlershof ruhte das Dach auf "modernen" einstieligen Stützen [4]. Seit dieser Zeit liegt des ursprüngliche Empfangsgebäude etwas abseits. Die Abfertigung verlagerte man in die unter den Gleisen am Nordende neu eingerichtete Schalterhalle. Zu den Olympischen Spielen 1936 existierten hier in einem Holzvorbau zusätzliche Entwerterwannen. Hier hielt das Passimeterprinzip - als Fahrkartenverkauf mit gleichzeitiger Entwertung von der U-Bahn bekannt - schon damals Einzug [52].

Der Bahnhof Grünau besaß seit etwa 1935 an der Gründerstraße einen Bahnsteig mit Abfertigungshäuschen für die ehemalige Gutsbahn nach Diepensee. Die Gutsbahn war in jenen Jahren in eine Anschlußbahn der Henschel-Werke Schönefeld umgewandelt worden.  In den Jahren vor und nach dem 2. Weltkrieg war von der Bahn ein hohes Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Nach der Einstellung des Betriebes um 1960 verfielen Bahnsteig und Fahrkartenbude [8].

Mit der Anbindung des GAR an den Bahnhof Grünau wurden 1940 die Brückenwiderlager an der Richterstraße für vier weitere Überbauten verlängert. Zunächst war dort aber nur ein Überbau für ein Gleis nach Altglienicke in Betrieb. 1947 wurde ein weiterer Überbau für ein neues Verbindungsgleis nach Wendenheide in Anspruch genommen und ab 4. Mai befahren. Um diese Zeit entstand der Plan, den Bahnsteig B für den Halt von Fernzügen auf 260 m zu verlängern. Dieser Plan wurde nicht verwirklicht.
Grünau blieb Vorortbahnhof. Statt dessen errichtete man zwischen den beiden Verbindungsgleisen zum GAR einen provisorischen Bahnsteig, der bei Überschreiten des Gleises nach Altglienicke über eine Treppe von der Richterstraße her erreichbar war. Von diesem Bahnsteig verkehrten seit Juni 1948 für einige Zeit Triebwagen sowohl nach Lichtenrade (ab 17. August 1949 über eine neue Gleiskurve in Schönefeld auch nach Mittenwalde) als auch nach Kaulsdorf. Für letztere Strecke war kurzzeitig die Elektrifizierung und der Einsatz von S-Bahn-Zügen vorgesehen [31], [20].

Mit Inbetriebnahme des Grünauer Kreuzes Ende 1951 wurden alle vier Überbauten für die neuen Anbindungen an den BAR benötigt. Der seit spätestens 21. März 1951 nicht mehr benutzte Triebwagenbahnsteig mußte weiteren Gleisen weichen. Vermutlich aus der Zeit des Triebwagenverkehrs stammt die heute noch vorhandene Holzbaracke an der Richterstraße. An der Haltestelle des 36'er Busses gelegen, diente sie noch in den 50'er Jahren als Fahrkartenausgabe. Sie ist inzwischen zwar nett angestrichen, fristet aber ein Schattendasein.

Im Jahre 1951 bekam der nordwestliche Bahnhofszugang am Adlergestell einen großzügigen Anbau mit Schalterhalle mit diversen Schaffnerwannen und zehn Türdurchgängen vorgesetzt. Das zu seiner Zeit sehr modern wirkende Gebäude wurde in fast fertigem Zustand zu den Weltfestspielen im August 1951 in Betrieb genommen. Die Komplettierung mit Schwingtüren und der Aufbau eines Obergeschosses erfolgten später [32].

Die Großzügigkeit der Schalterhalle gab allzeit Gelegenheit zu Experimenten bei der Raumgestaltung. Mit der Rekonstruktion des Bahnhofs Anfang der 80'er Jahre kam es zu einem abschließenden Umbau [38].

Vom Herbst 1954 bis zum Juni 1958 bestand erneut Triebwagenverkehr von Grünau nach dem südlichen GAR, allerdings nur noch bis Groß Ziethen.  Dafür wurde nördlich der Richterstraßen-Unterführung ein völlig neuer Bahnsteig gebaut.  Nach der endgültigen Einstellung des Triebwagenverkehrs 1958 verfiel der nur etwa 20 m lange Behelfsbau. Die Reste beseitigte man bis Anfang der 80'er Jahre.

Der Bahnhof Grünau hatte am 1. Mai 1911 den Namen Grünau (Mark) erhalten, seit dem 1. Oktober 1929 führt er die Bezeichnung Berlin-Grünau.

Seit spätestens 1946 wird das alte Empfangsgebäude durch Reichsbahndienststellen zweckentfremdet genutzt[13 [1946, Nr. 7]. Spätestens 1947 erfolgte die Schließung des Südostausgangs. Seit etwa Frühjahr 1998 wurden in die Rekonstruktion der Bahnsteige auch die südöstlichen Treppenaufgänge einbezogen und der Fußweg zum Adlergestell neu gestaltet. Anschließend gab man den Südostausgang wieder zur Benutzung frei.
 

 
 

8.8.  Eichwalde

Die ersten Haltepunkte in Eichwalde und Zeuthen entstanden wehrscheinlich gemeinsam mit den Stationen Neuer Krug und Adlershof am 1. Juni 1874.  Im Kursbuch erschienen alle erst am 15. Mai 1876 [9].

In km 18,5 der BGE befand sich der Vorläufer des heutigen Bahnhofs Eichwalde mit einem Zugang von der jetzigen Waldstraße.  Auf dem Gebiet des damaligen Rittergutes Radelend gelegen, führte der Haltepunkt den Namen Bude 18 Schmöckwitz, was auf die starke Hinwendung zu der gleichnamigen Nachbargemeinde deutet. Der Haltepunkt besaß zwei im Geländeniveau liegende, etwa 100 m lange Seitenbahnsteige. Am Bahnübergang Waldstraße bei der Bude 12 (Bezeichnung Bude 12 ab etwa 1890) fand der Fahrkartenverkauf statt. Etwas abseits bot den Fahrgästen eine Halle etwas Schutz. Diese wurde im Spätherbst 1895 auf Initiative und mit 350 Mark Beteiligung des Grundbesitzervereins nach dem Bahnsteig in Richtung Berlin versetzt.

Am 20. März 1893 begründete sich auf dem Rittergut Radeland die Gemeinde Eichwalde, deren Einwohnerzahl betrug zu jener Zeit knapp 190.  Wenig später kamen Pläne zum Umbau der als sehr primitiv empfundenen Personenstation auf. Obwohl sich der Verkehr sehr verstärkt hatte, dauerte es noch fünf Jahre, ehe am 30. Juni 1898 ein neuer Bahnhof, ca. 150 m südlich des alten Haltepunktes gelegen, unter dem Namen Eichwalde-Schmöckwitz eröffnet werden konnte. Der Zugang zum Mittelbahnsteig erfolgte nun von der August-Moltke- / Bahnhofstraße. Der Zugangstunnel mit Durchgang läßt sich definitiv erst seit 1914 belegen; er ist aber möglicherweise schon 1903 bei der Erhöhung aller Bahnsteige auf den Bahnhöfen der BGE von 23 auf 76 cm gebaut worden.

Die Gemeinde Eichwalde (1898 ca. 1 000 Einwohner) vergrößerte sich rasch. Ein 1912 deshalb geplanter zweiter südlicher Zugang zum Bahnsteig blieb aber unausgeführt.

Ab 1. April 1906 besaß Eichwalde auch einen Güterbahnhof.  Zuvor mußte jedoch ein Bahnübergang in km 19,4 (1890 bei Bude 13) um 140 m südlich verlegt werden, was sich längere Zeit hinzog. Die Bahnanlagen wurden in späterer Zeit kaum verändert. Seit
dem 1. September 1935 führte der Bahnhof den Namen Eichwalde (Kreie Teltow); am 17. Mai 1953 wurde er abermals umbenannt in Eichwalde [53], [13 (1953, Nr. 12)].
 

 
 

8.9.  Zeuthen

Die ursprüngliche Bezeichnung des Zeuthener Bahnhofs war Bude 21 Hankels Ablage [9].  Dieser Name bezog sich auf einen Lagerplatz am Zeuthener See. Dessen Besitzer, der Fischer August Hankel, finanzierte den Bau des Bahnhofs und setzte (dafür?) bei der Eisenbahndirektion diese Bezeichnung durch [54].  Es dürfte davon auszugehen sein, daß der an dem Bahnübergang bei km 21,9 (Kreuzung der heutigen Forstallee) gelegene Haltepunkt ein ähnliches Aussehen hatte wie der im benachbarten Eichwalde. Auch in Zeuthen existierte nach Umbau ein Mittelbahnsteig mit Tunnelzugang, der ca. 200 m weiter nördlich der alten Anlage entstanden war. Überhaupt ähnelten sich die Bahnhöfe in Zeuthen und Eichwalde auch nach dem Umbau auffällig.

Eine Güterabfertigung erhielt Zeuthen am 1. Oktober 1874, einen Monat später wurde die Bezeichnung Hankels Ablage getilgt. Der Bahnhof hieß nunmehr Zeuthen [55]. Nach dem Einbau einer Kehrgleisanlage in Zeuthen wendeten dort einzelne Personenzüge [13 (1915, Nr. 32)].

Ein Gebäude des ursprünglichen Haltepunktes von 1874 hat übrigens die Zeiten überdauert und dient heute der DR als Werkstatt.
 

 

8.10.  Wildau

Die Berliner Maschinenbau AG, vormals L. Schwartzkopff, kaufte 1897 im 28 km vor den Toren Berlins gelegenen Wildau ein 60 ha großes Areal für die Verlagerung und Erweiterung ihrer innerstädtischen Betriebsanlagen. Vom Baubeginn bis zur Produktionsaufnahme der Fabrik am 1. September 1900 vergingen nur zwei Jahre. Pro Jahr sollten dort 600 - 700 Dampflokomotiven gebaut werden.
 

Der Bahnhof war schon am 19. Juni 1899 für den Werkverkehr eröffnet worden. Ab 1. Oktober 1899 hielten dort auch einige Züge des öffentlichen Verkehrs. Am 1. Mai 1900 wurde der Bahnhof für den gesamten Vorortverkehr freigegeben [57], [58], [13 (1899, Nr. 38)].  Der Bahnsteig in Wildau erhielt einen Tunnelzugang  Die Form der zweireihigen Dachstützen weicht deutlich ab von dem Wannseebahn-Vorbild, daß sich auf anderen Stationen der BGE findet.

Später siedelten sich in Wildau noch weitere Betriebe an zu denen jeweils eigene Gleisanschlüsse führten. Allein das Schwartzkopffwerk besaß rund 7,5 km Werksgleise.
 
 

8.11.  Königs Wusterhausen

"Königs=Wusterhausen" (heutige Schreibweise: Königs Wusterhausen) war bei Eröffnung der BGE die zweite Station von Berlin in Richtung Görlitz. Der Bahnhof entwickelte sich bald zu einem Eisenbahnknoten.
Ab 1. November 1894 fuhren von Königs=Wusterhausen (KW) Kleinbahnzüge der Königs Wusterhausen-Mittenwalde-Töpchiner Bahn (KMT) in die märkischen Dörfer.

So bekamen auch die Braunkohlengruben in Schenkendorf einen Eisenbahnanschluß. Bis dahin dürften die Bahnhofsanlagen in KW von ähnlicher Einfachheit gewesen sein wie auf den Anfang der 70'er Jahre weiter nördlich entstandenen Stationen. Die Kleinbahngesellschaft erbaute auf dem südlichen Bahnhofsteil eigene Anlagen mit Bahnsteig, Lokschuppen und Werkstatt.

Am 20. September 1898 nahm die Eisenbahn KW - Grunow den Betrieb auf [59]. Nach Verknüpfung der Gleisanlagen der KMT mit denen der ebenfalls privaten Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn  im Jahre 1953 erweiterte  sich der Einzugsbereich der Züge aus  KW beträchtlich.

Vermutlich um die Jahrhundertwende - KW besaß zu dieser Zeit ca. 5 000 Einwohner - wurde das heute noch vorhandene Empfangsgebäude in sogenannter märkischer Backsteingotik erbaut. Um die gleiche Zeit dürften auch die  Unterführung für die  Verbindungsstraße nach Storkow mit dem Fußgängertunnel und der zweite Bahnsteig entstanden sein. Zu den ausgedehnten Güterverkehrsanlagen kam auch eine Anschlußbahn zum nahegelegenen Hafen am Nottekanal.

1935 baute man am Straßenübergang beim heutigen Stellwerk Kwm die erste Haltlichtanlage der Firma Pintsch bei der DR [60]. Wenige Jahre später entstand der heute noch vorhandene Splitterbunker auf dem Ortsgüterbahnhof.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges nahm im April 1946 die Hafenbahn ihren Betrieb wieder auf. Später installierte man im Hafen eine Waggonkippanlage für den Umschlag von Lausitzer Braunkohle, die von dort aus das Berliner Kraftwerk Klingenberg auf dem Wasserweg erreichte.

Die ehemalige KMT wurde 1949 von der DR übernommen, die Strecke nach Grunow war bereits Staatsbahn. Während auf letzterer Strecke noch heute reger Reiseverkehr herrscht, wurden die Reisezüge Richtung Töpchin am 29. September 1973, die nach Zossen am 26. Mai 1974 eingestellt [59], [38].

In den 70'er Jahren erfuhren die Güterverkehrsanlagen, insbesondere die für den Kohleumschlag, eine beträchtliche Erweiterung.  Damit im Zusammenhang schloß man einen beschrankten Bahnübergang  im südlichen Bahnhofsbereich. Derzeit reichen die Abstellgleise für die Kohlenzüge bis Zeesen.
 

 

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Quellenangaben
Datei: vb-bge8.htm

 vb Verkehrsgeschichtliche Blätter 3/91, Autor: Dr. Michael Braun, Berlin