Zwischen Kreuzberg und KW
Text-Teil 3 - (vb-bge3.htm)
vb - Verkehrsgeschichtliche Blätter 3/91
 
 

3. Planungen der 30'er Jahre

Der Umstand, daß die Entfernung zwischen dem Görlitzer Bahnhof und Baumschulenweg relativ groß war, mag die Reichsbahndirektion Berlin veranlaßt haben, an der etwa in der Mitte zwischen beiden Bahnhöfen befindlichen Kreuzung mit der Ringbahn 1936 einen neuen Bahnhof mit dem Namen "Kiefholzstraße" vorzusehen. Hier sollte auch ein Umsteigen von der S-Bahn auf die Dampfpendelzüge Görlitzer Bahnhof - KW ermöglicht werden. Weiterhin sollte die Erschließung des dortigen Wohn- und Siedlungsgebietes vorangetrieben werden. Ein in dieser Kreuzung 1936 eingebauter Brückenüberbau für das S-Bahn-Ringgleis Treptower Park - Sonnenallee war bereits auf diesen zukünftigen Bahnhofsbau zugeschnitten [17]. Zu weiteren Baumaßnahmen an dieser Stelle kam es aber nicht.

1936 wurde die Reichsbahnbaudirektion (RBauD) Berlin gegründet. Deren Aufgabe war die völlige Umgestaltung der Berliner Eisenbahnanlagen im Rahmen der Umgestaltung Berlins zur Reichshauptstadt "Germania". Eine Planung der RBauD Berlin aus den
Jahren 1937 bis 1941 sah für den Bereich der BGE u.a. folgende Veränderungen vor:

Der Güteraußenring wurde eingleisig in vorläufiger Form erbaut. Er kreuzte die BGE zwischen den Bahnhöfen Adlershof und Grünau und war bei seiner Eröffnung am 1. Januar 1941 mit zwei eingleisigen Verbindungskurven an diese Bahnhöfe angeschlossen [20]. Eigene GAR-S-Bahn-Gleise und der Kreuzungsbahnhof mit den BGE-Vorortgleisen wurden nicht gebaut.

Die Trennung zwischen Fern- und Vorortverkehr zwischen Grünau und KW durch Schaffung einer Trasse für zwei separate S-Bahn-Gleise wurde angegangen, im Bereich des Bahnhofs Wildau kam es zu Gleisverschwenkungen [21], [13 (1945, Nr. 15)].

Vorleistungen für eine unterirdische S-Bahn vom Görlitzer Bahnhof nach dem Anhalter Bahnhof erfolgten beim Bau des dortigen Tunnel-S-Bahnhofs der Nord-Süd-S-Bahn. Nachdem man die Einführung der neuen Strecke in ein anzubauendes 2. Geschoß dieses Bahnhofs verworfen hatte, blieb als Lösung nur der teilweise Abbruch des rohbaufertigen Betonkörpers und die Aufweitung der Baugrube. So ließen sich zwei kurze Tunnelstutzen anbringen. Die Kehranlage des Anhalter S-Bahnhofs wurde schon für die Aufnahme der Züge von Königs Wusterhausen bemessen [22]. Alle weiteren Pläne blieben unausgeführt. Lediglich eine gewaltige Betonmauer in Baumschulenweg und die begonnene Verlängerung der Straßenunterführung in KW künden heute von den damaligen Erweiterungsplänen. Der Tiefbahnsteig des U-Bahnhofs Moritzplatz wurde im 2. Weltkrieg Luftschutzraum, heute übt dort das Technische Hilfswerk. Die Tunnelstutzen am Anhalter S-Bahnhof bekamen nie ein Gleis, jedoch wurde das Projekt einer S-Bahn vom Görlitzer zum Anhalter Bahnhof auch nach dem 2. Weltkrieg verfolgt [23 (1951, Nr. 21)].
 
Noch in den 50'er Jahren waren zwischen Eichbuschallee und den Sportanlagen bei Baumschulenweg Sandberge für dort geplante Dammschüttungen zu bewundern, bis sich ein anderer Abnehmer fand [24].
 
 
 

 4.  Der Neubeginn

Nach Beseitigung von Kriegseinwirkungen erreichte der erste Zug der Roten Armee aus Richtung Cottbus (heutige Schreibweise) kurz vor dem endgültigen Kriegsende das Berliner Stadtgebiet am 3. Mai 1945 über die Gleise der BGE. Schon im Juni 1945 wurde das Ferngleis Richtung Görlitz vom Görlitzer Bahnhof bis mindestens Oderin - wo zu damaliger Zeit die Reichsbahndirektion Berlin endete - demontiert. Eingesetzt waren hierzu in der Regel Zwangsverpflichtete aus den an der Strecke liegenden Orten. Die von den Schwellen abgeschraubten Schienen - nur daran war die Siegermacht SU interessiert - lagen dann noch wochenlang am Bahndamm herum und nährten so die naive Hoffnung, daß dieses Material doch nicht so dringend von der SU benötigt würde. Eine Bitte örtlicher Behörden, das Gleis wiederaufzubauen, wies die Sowjetische Militär-Administration (SMA) als oberstes Vollzugsorgan mit Hinweis auf fehlende Notwendigkeit zurück - und das, obwohl die BGE als die "Kohlenbahn" natürlich für die Energieversorgung Berlins notwendig war [24].

Der zivile Fernzugverkehr auf der nun eingleisigen Strecke konnte Ende Juni/Anfang Juli 1945 mit vorerst täglich einem Zugpaar wiederaufgenommen werden [25]. Diese Züge hielten damals im Schöneweider Verschiebebahnhof. Um die Durchlaßfähigkeit zu erhöhen, wurde dann von der SMA der Bau von Kreuzungsstellen befohlen, wie es im damaligen Sprachgebrauch hieß. Dies war mit nur jeweils 900 m Gleis möglich, erforderte jedoch entsprechend viele Weichen und Sicherungsanlagen mit Bedienung. In der folgenden Zeit existierten einige Kreuzungsmöglichkeiten (Tabelle 2).
 

Tabelle 2:  Inbetriebnahmedaten von Kreuzungsstellen zwischen Görlitzer Bahnhof und KW nach 1945 [24]
 

Betriebsstelle
benutzbar ab
Grünau Gleis 14
01/1946
Zeuthen Gleis 3
01/1946
Grünau Gleis 20
30.11.1946
Eichwalde
02.06.1947
Schöneweide
02.06.1947
 

Für den Zeitraum von April bis Oktober 1947 waren die Bahnhöfe Schöneweide, Grünau und KW zu Befehlsbahnhöfen erklärt worden. Das bedeutete, daß diese Bahnhöfe auf den zwischen ihnen liegenden eingleisigen Streckenabschnitten die Abwicklung der Zugkreuzungen und -überholungen im Interesse maximaler Durchlaßfähigkeit zu regeln hatten [13 (1947, Nr. 14, 31)].

Die S-Bahn-Gleise der BGE blieben erhalten. Wegen der zerstörten Straßenbrücke des Adlergestells über den Teltowkanal südlich von Adlershof mußten zwei von den vier Brückenüberbauten der unmittelbar danebenliegenden Eisenbahnbrücke nach Kriegsende einige Zeit lang für den Straßenverkehr hergerichtet werden [26].

Der S-Bahn-Verkehr kam am 11. Juli 1945 zwischen Hermannstraße und Grünau wieder in Gang, ab 15. Februar 1946 fuhren die S-Bahn-Züge über die wiederhergestellte Spreebrücke in Treptow auch erneut in Richtung Nordring und Stadtbahn [25]. Am 28. Mai 1945 hatte auch das Raw Schöneweide seine Arbeit wiederaufgenommen [23 (1952, Nr. 44)].
 
 
 

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Text-Teil 4
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 vb Verkehrsgeschichtliche Blätter 3/91, Autor: Dr. Michael Braun, Berlin