Zwischen Kreuzberg und KW |
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vb - Verkehrsgeschichtliche Blätter
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Nachdem 1949 ein längeres Stück des wiederaufgebauten zweiten
Ferngleises zwischen Treptower Park und Baumschulenweg in Betrieb genommen
werden konnte [13 (1950, Nr. 3)], war am 1. April 1949 Baubeginn für
das zweite Gleis zwischen Grünau und Königs Wusterhausen. Das
neuaufgebaute Gleis konnte auf Teilabschnitten am 25. Mai 1949 und - 14
Tage vorfristig - am 16. August 1949 auf der 14 km langen Gesamtstrecke
wieder befahren werden [24], [23 (1971, Nr. 17)].
Glaubt man den damaligen zeitgenössischen Berichten, dann sollte
dem Gleisaufbau sofort die Verlängerung der S-Bahn nach Königs
Wusterhausen folgen [27]. Die wenigen seit dem späten Frühjahr
1947 vom Görlitzer Bahnhof Richtung Königs Wusterhausen abfahrenden
Vorortzüge hätten dann entfallen können, und das wiederum
hätte die erst im Sommer 1949 geforderte Einstellung des stark defizitären
Personenverkehrs im Görlitzer Bahnhof ermöglicht [3], [28]. Statt
dessen blieb der Görlitzer Bahnhof vorerst in Betrieb, und die nun
zweigleisige Strecke nutzte man für einen Dampfzug-Vorortverkehr.
Der eigentliche Grund für den Wiederaufbau des zweiten Gleises dürfte
wohl der gewesen sein, daß man die Teilstrecke Grünau - Königs
Wusterhausen notwendigerweise als Umfahrungsstrecke für Züge
aus den Richtungen Halle/Leipzig und Dresden nutzen und deshalb ihre Kapazität
erhöhen mußte. Die sogenannten Umfahrungsstrecken I und II waren
unter dem Eindruck von Währungsreform und UGO-Streik in West-Berlin
unter Einbeziehung von Kleinbahnstrecken eingerichtet worden. In der danach
gespannten politischen Lage ermöglichten sie den Zugverkehr zwischen
der Sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, und Ost-Berlin
ohne Benutzung von Bahnhöfen und Strecken in West-Berlin.
Im Jahr 1949 begann man auch mit der Erstellung vor Hochbauten fiir die beim zukünftigen S-Bahn-Betrieb bis KW notwendigen Stellwerke. Dies dauerte noch 1950 an. In diese Zeit fällt ebenso die Wiederinbetriebnahme der Blockstelle Kanne unmittelbar südlich des Teltowkanals für die S-Bahn am 29. Oktober 1949, des Endstellwerks Funk des Bahnhofs KW für den Fernverkehr am 19. Mai 1950 und der Blockstelle Wildgarten in Wildau für die Anschlußbahn der ehemaligen HIAG-Werke, des nunmehrigen Großhandelslagers Wildau, am 1. Juli 1950 [13 (1949, Nr. 27; 1950, Nr. 19, 23)].
Richtig in Gang kam die Verlängerung der S-Bahn aber erst im Sommer
1950 durch einen Impuls aus Wildau. Die dortigen Reste der 1945 demontierten
ehemaligen "Schwartzkopff-Werke wurden am 3. Februar 1949 volkseigener
Betrieb "Lokomotivbau Wildau" (ab 30.4.1952 "Schwermaschinenbau Heinrich
Rau"). Die ersten Erzeugnisse waren ausgebesserte Reisezugwagen sowie sogenannte
Haldenpflüge als Reparationsgut für die Sowjetunion. Am
17. August 1950 wurde das Werk durch einen Regierungsbeschluß
Schwerpunktbetrieb des 5-Jahr-Plans. In kurzer Zeit sollte die Belegschaft
von einigen Hundert auf bis zu 7000 Arbeitnehmer erhöht werden. Für
den Transport einer solchen Anzahl von Arbeitskräften war nunmehr
die Verlängerung der S-Bahn unumgänglich geworden [30]. Die Konzeption
sah statt der Elektrifizierung beider Gleise und Einrichtung eines Gemeinschaftsbetriebes
die Trennung in zwei eingleisige Strecken jeweils für den Dampf- und
für den S-Bahn-Betrieb vor. Diese Variante erleichterte den ungestörten
S-Bahn-Fahrtakt, erforderte jedoch einen höheren Bauaufwand an Gleisen
und Sicherungstechnik für die Kreuzungsstellen. Es war abzusehen,
daß die ohnehin unzureichende Kapazität der Umfahrungsstrecke
II sowohl bei zweigleisigem Gemeinschaftsbetrieb als auch bei eingleisigem
reinen Fernbahnbetrieb nicht mehr den Anforderungen genügen könnte.
Deshalb mußte bei Inbetriebnahme der S-Bahn eine alternative Strecke
den Umgehungsverkehr aufnehmen können. Das war der Grund, weshalb
am 1. November 1950 mit dem Bau des Südlichen Außenrings (SAR,
später Berliner Außenring, BAR) begonnen wurde [29]. Im Verlauf
des Baus des SAR wurde die Umfahrungsstrecke I in Schönefeld zerschnitten
und am 21. März 1951 stillgelegt [31 (Nr. 156/8/51)]. Da somit
die Umfahrungskapazität auch hier eingeschränkt war, andererseits
die Transportdirektive für die am 3. August 1951 in Berlin stattfindenden
Weltfestspiele eine Beförderung der Teilnehmer durch West-Berlin ausdrücklich
ausschloß, mußte der Fertigstellungstermin für den SAR
von Dezember 1951 auf den 1. August und dann noch einmal auf den 10. Juli
1951 vorverlegt werden [32]. Als Kompromißtermin für die S-Bahn-Verlängerung
stand Anfang 1951 der 1. Juni des Jahres fest [23 (1951, Nr. 5].
Für die Trennung in zwei eingleisige Strecken waren folgende Vorarbeiten
zu leisten:
Die Dampfzüge vom Görlitzer Bahnhof und von Grünau nach KW fuhren am 29. April auf dem schon elektrifizierten Vorortgleis zum letzten Mal. Das sicher schon einige Zeit vorher gedruckte Kursbuch vom 20. Mai 1951 enthielt noch eine leere Fahrplantabelle für Dampfzüge zwischen Görlitzer Bahnhof und Schöneweide. Zu einer Verkehrsaufnahme dort kam es aber nicht. Damit konnte der Görlitzer Bahnhof am 30. April 1951 fiir den Personenverkehr geschlossen werden, ein Kapitel Verkehrsgeschichte ging zu Ende [3], [30].
Seitdem standen die täglichen 65 S-Bahn-Zugpaare auch den Arbeitern
von Wildau, wo im dortigen S-Bahnhof auch weiterhin Dampfzüge hielten,
zur Verfügung. Die Genugtuung darüber dürfte größer
gewesen sein als die Wehmut der ehemaligen Benutzer des Görlitzer
Bahnhofs. Die geplante Anzahl von 7 000 Beschäftigten im Wildauer
Werk, die damals als Begründung für die Verlängerung der
S-Bahn gedient hatte, wurde übrigens nie auch nur annähernd erreicht.
Der sogenannte "Neue Kurs" der SED nach dem 17. Juni 1953 reduzierte den
Ausbau des Schwermaschinenwerkes erheblich. In den 60'er Jahren beschäftigte
das Werk erst 3 000 Mitarbeiter.
Im Mai 1951 näherten sich die Bauarbeiten am SAR dem Ende, die
100 m lange Brücke des SAR über die BGE zwischen Adlershof und
Grünau war gerade begonnen. Der nahe Termin der Weltfestspiele zwang
zu enormem Bautempo. Mit Hilfe von Betonverfestigern konnte die Brücke
vorerst für ein einzelnes Gleis in nur 40 Tagen ohne größere
Beeinträchtigung des Fern- und S-Bahn-Verkehrs auf der BGE fertiggestellt
werden [33]. Bis Anfang Mai 1951 war die BGE von Schöneweide bis zur
Abzweigstelle Kanne zweigleisig wieder aufgebaut worden. Im Bereich der
SAR-Brücke war jedoch nur ein Ferngleis vorhanden.
Für den bevorstehenden zweigleisigen Ferngleisausbau bis nach
Grünau war es offenbar ursprünglich vorgesehen gewesen, die S-Bahn-Gleise
in die bis heute unbenutzte 3. Brückenöffnung neben dem Adlergestell
zu verlegen [34 (10.6.51)]. Aufgrund des dann aber ausgeführten "Grünauer
(Kurven)Kreuzes" bekam das neugebaute zweite Ferngleis zwischen der Abzweigstelle
Kanne und dem Bahnhof Grünau eine weit südlich ausgeschwenkte
Lage und wurde mit einem separaten Brückenbauwerk unter dem SAR durchgeführt.
Die gesamte Kreuzungsanlage wurde am 2. Dezember 1951 in Betrieb genommen
und am 10. Dezember 1951 eingeweiht [20].
Schon Ende Juli 1951 waren in diesem Zusammenhang die Gleisanlagen im Bahnhof Grünau derart umgestaltet worden, daß die Ferngleise den Fernbahnsteig B nicht mehr berührten. Dazu mußten u.a. zwei neue Brückenüberbauten in die Uberführung Richterstraße eingebaut werden. Beide Bahnsteige standen danach dem S-Bahn-Verkehr zur Verfügung und wurden schon zu den Weltfestspielen 1951 so genutzt, daß die Züge Richtung Stadt nur noch am Bahnsteig A, diejenigen in Richtung KW nur am Bahnsteig B hielten.
Am 14. August 1951 wurde der Zuglauf KW - Spandau West bis Falkensee
verlängert, nachdem die Strecke Spandau West - Falkensee elektrifiziert
worden war. Die Streckenlänge erhöhte sich auf 59 km und
war danach die längste im Berliner S-Bahn-Netz. Dafür erhöhte
man die Zahl der eingesetzten Züge auf 13 [35], [30]. Sieht
man von der Einführung neuer Sichtzeichen an den Signalen im April
1953 ab [13 (1953, Nr. 11)], so blieben die Verhältnisse auf der S-Bahn
nach KW in den folgenden zehn Jahren
nahezu unverändert.
Bild 7 Schema der Umfahrungsstrecken südlich von Berlin (Zeichnung Ebert)
Bild 8 Eines der neuartigen Lichtsignale südlich des Bahnhofs KW im Sommer 1951 (Foto ZBDR)
Bild 9 Einfahrt des Sonderzuges zur Eröffnung des elektrischen S-Bahn-Betriebes nach KW am 1. Mai 1951 in den Bahnhof Grünau. Rechts am stillgelegten Dampfvorortbahnsteig trägt das Gleis noch keine Stromschiene. (Foto ZBDR)
Bild 10 Kurzer Halt des Sonderzuges am 1.Mai 1951 in Eichwalde. Der Herr in Hellgrau ist der damalige Verkehrsminister Reingruber, rechts neben ihm Rbd-Präsident Barth. (Foto Sammlung Braun)
Bild 11 Der Bahnhof KW hatte sich zur Eröffnung des Elektrischen S-Bahn-Betriebes geschmückt. (Das Transparent am rechten Bildrand wirkt aus heutiger Sicht geradezu makaber: "Die Justiz schützt den Volkswirtschaftsplan !") (Foto Sammlung Braun)
Bild 12 Spendenmarken, mit deren Hilfe die Bevölkerung den Bahnbau mitfinanzierte (Sammlung Braun)
Bild 13 Handarbeit herrscht vor beim Dammbau 1951 im Grünauer Kreuz. Im Hintergrund die Teltowkanalbrücken der BGE und der Schornstein von Berlin-Chemie. (Foto Sammlung Braun)
Bild 14 Ein Kran legt im Juni 1951 die Stahlüberbauten
für die 100-m-Brücke des zukünftigen Südlichen Außenringes
über die Bahnanlagen der BGE ein. Im Hintergrund die Brücke des
alten Güteraußenringes (Foto: Sammlung Braun)
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